Lage des bearbeiteten Gebietes Bemerkungen zu den einzelnen Arten Der Orchideenbestand der Ehrenbürg Folgerungen für den Naturschutz Anhang Liste gefährdeter Arten im Untersuchungsgebiet Realisation durch faktor i, mit freundlicher Genehmigung der Autoren A. Riechelmann und A. Zirnsack. |
Stattliches KnabenkrautOrchis mascula L.Mit dem stattlichem Knabenkraut wird der Blühreigen der Orchideen im Frühjahr auf der Ehrenbürg eröffnet. Der Beginn liegt ziemlich exakt um das letzte Aprilwochenende, doch lassen sich bis weit in den Mai hinein noch blühende Exemplare antreffen. Das am besten bestückte Vorkommen (8 blühende und 40 sterile Exemplare) fanden wir in der Randzone eines Lindenreichen Hangbuchenwaldes (Lathyro-Fagetum tilietosum sensu KÜNNE 69). Dieser Waldtyp bildet sich vor allem an den Nord- und Nordosthängen unterhalb des Steilanstieges zum Gipfelplateau aus. Hier hat sich das vom Steilabhang herab gerutschte Geröll stabilisiert und das Gelände zeigt nur eine unbedeutende Hangneigung. Die Buche (Fagus silvatica) gewinnt an Konkurrenzkraft und verdrängt den Spitz-Ahorn (Acer platanoides); Sommer-Linde (Tilia platyphyllos), Berg-Ahorn (Acer pseudoplatanus) und Esche (Fraxinus excelsior) bauen aber noch etwa ein Drittel der Baumschicht auf. In einem ausgeglichenem Bestandsklima und bei guter Laubzersetzung entsteht ein oberflächlicher Mullboden vom Typ der flachgründigen, skelettreichen Braunerde mit den charakteristischen Mullbodenpflanzen wie dem Gemeinen Efeu (Hedera helix), der Frühlings-Platterbse (Lathyrus vernus), der Wiesen-Schlüsselblume (Primula veris), dem Gewöhnlichem Sanikel (Sanicula europaea), dem Wald-Bingelkraut (Mercurialis perennis) und dem Wald-Knäuelgras (Dactylis polygama). Der pH-Wert des frischen Ah-Horizonts liegt zwischen 6,3 und 6,6 / 6 Messungen (5,5 - 6,0 / 4 Messungen). Der Boden zeigt im Bereich von Orchis mascula einen wesentlich höheren Feuchtigkeitsgehalt als der in der Umgebung. Wir vermuten als Ursache hierfür einen oberflächennahen Grundwasserabfluß aus dem Steilhang. Mit ca. 25 Prozent Deckungsgrad ist die Krautschicht recht lückenhaft. Die spärliche Strauchschicht wird fast ausschließlich vom Buchenjungholz gebildet. Die Deckung der Moosschicht liegt in diesem Bereich des Lindenreichen Hangbuchenwaldes unter zwei Prozent. Moose leiden unter dem schwer zersetzbaren und daher erstickend wirkenden Laub der Buche und können sich deshalb nur noch auf freiliegenden Geröllresten behaupten (BRACKEL & ZINTL 1983). Für Orchis mascula herrschen an diesem Fundort keine optimalen Standortbedingungen. Auffallend ist der relativ hohe Anteil an sterilen Exemplaren (über 80 Prozent). Das Stattliche Knabenkraut benötigt mäßig lichte bis halbschattige Standorte mit einer Beleuchtungsstärke, die wenigstens für einige Stunden zwischen 2000 Lux und 5000 Lux liegt. Da der Abstand der größeren Bäume zwischen fünf und sechs Meter beträgt, erreicht das Sonnenlicht den Waldboden auf einer Fläche von ca. einem Quadratmeter nur minutenweise und die Beleuchtungsstärke beträgt dann höchstens 2000 Lux. Die mit vergesellschaftete Epipactis helleborine bildet an diesem Standort wegen Lichtmangels ebenfalls nur sterile Exemplare aus (Variationsbreite des Lichtgenusses in Prozent der absoluten Strahlung: sonnig 2,5 % - 6,25%, bedeckt 2 % - 10 %). RENNWALD (1985) bezeichnet dies als die Taktik des Wartens auf bessere Zeiten und fügt hinzu, daß durch kleine Eingriffe zur Beleuchtungsverbesserung die dahin dämmernden Pflanzen plötzlich wieder in voller Blüte stehen. Ebenso kann man wohl den ausgeprägten Großwuchs blühender Exemplare als ein Indiz für das Lichtstreben auslegen. Eine mäßige Lichtung der Buchen käme also dem Stattlichem Knabenkraut und den anderen in dieser Vegetationseinheit wachsenden Orchideen sehr entgegen; ferner hielten wir es für sinnvoll, einzelne Haselnußsträucher in regelmäßigen Abständen auf Stock zu setzen, um so das Lichtangebot zusätzlich zu vergrößern. Mit viel Energie durchbrechen die Pflanzen im Frühjahr den Boden und das aufliegende, noch nicht verrottete Buchenlaub mit ihrer Triebspitze. Die scheidenartig angelegten Stammblätter sollen den Trieb unterstützen und ein Ablenken des Stengels auf seinem Weg durch die Laubschicht verhindern. Gelegentlich wird ein liegengebliebenes Laubblatt von einer Triebspitze durchstoßen und liegt dann der Pflanze wie eine Halskrause an. Hinsichtlich der Gestaltung und der Farbe ihrer Blüte zeigen sich die Pflanzen im Bearbeitungsgebiet sehr einheitlich; andererseits reicht die Blattfleckung von sehr dunklen braunschwarzen, fast elliptischen und scharf abgesetzten Stellen über ein feines, sich zum Blattgrunde hin verstärkendes Punktmuster. Auch lassen sich Pflanzen mit völlig zeichnungslosen Blättern finden. An windstillen Tagen macht sich in unmittelbarer Nähe des Stattlichen Knabenkrautes ein strenger, unangenehmer Geruch bemerkbar, je höher die Temperatur, desto intensiver. Die vielleicht treffendste Definition für diese "Duftnote" liefert EBERLE (1982), indem er sie mit Katzenharn vergleicht. Leider besteht für diesen Standort von Orchis mascula eine extreme Gefährdung. Seit 1993 deponieren Betreiber eines Bierzeltes während des Walberla-Festes alljährlich ihr Stromaggregat ausgerechnet auf diese ca. 50 Quadratmeter Waldboden, auf der die Pflanzen wachsen. Beim Aufstellen und dem Abtransport des schweren Dieselaggregats werden besonders nach Regenperioden die Jungpflanzen regelrecht abrasiert. Auch die knospenden oder bereits blühenden Exemplare erleiden Trittschäden. Seit mehreren Jahren versucht der eine von uns (A.Z.) über die verantwortliche Gemeinde Kirchehrenbach zu erreichen, daß die Aufstellung des Stromaggregats an eine andere Stelle verlegt wird. Die Zusage der Gemeindeverwaltung, daß sich dieser massive Eingriff in den Folgejahren nicht wiederholen würde, war nur in den Maienwind gesprochen. Ebenso konnten ein Brief an den Landrat des Landkreises Forchheim und eine Begehung mit einem Vertreter der unteren Naturschutzbehörde nicht verhindern, daß auch im Jahre 1998 der Dieselmotor wieder aufgestellt wurde und von den 8 blühenden Pflanzen nur eine das Walberlafest schadlos überstand. Der Fruchtansatz dieser Pflanze lag Anfang Juli bei ca. 70 Prozent. Es erscheint uns bemerkenswert, daß trotz dieser jährlich wiederkehrenden massiven Beeinträchtigung des Biotops die Anzahl der blühenden Pflanzen annähernd konstant bleibt. Jedoch besteht für die kommenden Jahre Aussicht auf Verbesserung der prekären Situation, denn der Betreiber erklärte sich bereit, zusammen mit einem Vertreter der Unteren Naturschutzbehörde und dem Mitautor einen neuen Standort für das Stromaggregat festzulegen. Orchis mascula ist aber an diesem Standort auch dadurch gefährdet, daß die Entwicklung des Baumbestandes vom Niederwald zum Hochwald eine weitere Verschlechterung der Lichtverhältnisse am Boden mit sich bringt. Daraus resultiert eine Verringerung der Anzahl blühender Pflanzen, die Vermehrungsrate sinkt weiter und in Folge verschwindet die gesamte Population. Anzahl der blühenden Exemplare: 1990 / 5 Ex., 1993 / 8 Ex., 1994 / 6 Ex., 1996 / 8 Ex., 1997 / 8 Ex., 1998 / 8 Ex. Seit 1993 beobachteten wir eine Einzelpflanze von Orchis mascula unterhalb des Rodensteingipfels, zu der sich erstmals im Frühjahr 1998 ein zweites blühendes Exemplar gesellte. Dieses Vorkommen liegt in einem mesophilen Halbtrockenrasen (Mesobrometum erecti Subassoziation von Daucus carota sensu V. ROCHOW 51). Die Subassoziation der Wilden Möhre (Daucus carota) unterscheidet sich von der typischen Ausprägung des Mesobrometums durch den Rückgang wärmeliebender Arten. Dafür kommen mesophile Arten wie der Weiß-Klee (Trifolium repens), die Gemeine Braunelle (Prunella vulgaris), die Acker-Witwenblume (Knautia arvensis), der Gewöhnliche Odermennig (Agrimonia eupatoria) und der Rauhe Löwenzahn (Leontodon hispidus) vor. Weiterhin streuen Arten aus den Fettwiesen in diese Pflanzengemeinschaft. Hohe Stetigkeit haben die Zypressen-Wolfsmilch (Euphorbia cyparissias), das Echte Labkraut (Galium verum) und die Kleine Bibernelle (Pimpinella saxifraga). Diese Arten charakterisieren diese Gesellschaft als Halbtrockenrasen. Sie ist bei weitem nicht solch extremen Bedingungen ausgesetzt, wie sie sonst für Halbtrockenrasen üblich sind. Der Standort von Orchis mascula weist nur eine geringe Neigung auf (ca. 10 Grad) und ist nordwestlich exponiert. Durch diese Geländebedingungen können zum Beispiel die trocknenden Aufwinde und die Sonneneinstrahlung nicht so starke Wirkung zeigen (BRACKEL & ZINTL 1983). Die beiden Pflanzen an diesem Standort sind einer wesentlich höheren Lichtintensität ausgesetzt als die Pflanzen im Lindenreichen Hangbuchenwald. Lediglich eine Schlehenhecke hält die Vormittagssonne etwas ab. Selbst am späten Nachmittag liegt die Beleuchtungsstärke noch über 50 000 Lux. Aber aufgrund ihrer großen ökologischen Amplitude verkraftet Orchis mascula diese Bedingungen relativ gut. Als "Wiesenform" erreichen die beiden Exemplare jedoch nicht die Höhe der "Waldform". Der pH-Wert lag im Bereich der beiden Pflanzen für den trockenen Ah-Horizont zwischen 6,4 und 6,7 / 3 Messungen (5,6 - 5,9 / 3 Messungen). Bei dem dritten Vorkommen von Orchis mascula auf der Ehrenbürg handelte es sich um drei blühende Pflanzen, auf die wir erstmalig im Mai 1995 an einer Schlehenhecke unterhalb des Rodenstein trafen. Im darauffolgenden Herbst holzte der Landschafts-Pflegedienst die Hecke vollständig ab. Durch diesen Eingriff wurden die Standortbedingungen für die Pflanzen so sehr verschlechtert, so daß wir sie in den Folgejahren nicht mehr auffinden konnten. Ursache für das Ausbleiben ist unserer Meinung nach die Austrocknung des Bodens, hervorgerufen durch die fehlende Beschattung. Den Gesamtbestand des Stattlichen Knabenkrautes für den Bereich der Ehrenbürg schätzen wir auf 12 bis 15 blühende Exemplare und auf ca. 50 bis 60 Jungpflanzen. |