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Einleitung

Lage des bearbeiteten Gebietes

Geologie

Klima

Kulturgeschichte

Ausgewertete Literatur

Bemerkungen zu den einzelnen Arten

Bleiches Waldvögelein

Breitblättrige Kuckucksblume

Dunkelrote Stendelwurz

Breitblättrige Stendelwurz

Schmallippige Stendelwurz

Müllers Stendelwurz

Violette Stendelwurz

Mücken-Händelwurz

Großes Zweiblatt

Nestwurz

Bienen-Ragwurz

Fliegen-Ragwurz

Stattliches Knabenkraut

Helm-Knabenkraut

Brand-Knabenkraut

Der Orchideenbestand der Ehrenbürg

Folgerungen für den Naturschutz

Anhang

Liste gefährdeter Arten im Untersuchungsgebiet

Literaturverzeichnis


Realisation durch faktor i, mit freundlicher Genehmigung der Autoren A. Riechelmann und A. Zirnsack.

Bemerkungen zu den einzelnen Arten

Spricht man von der Ökologie einer Pflanze, so meint man ihre Standortbedingungen, d. h. ihre natürliche Umwelt. Die abiotischen Faktoren wie Geologie, Landschaftsmorphologie, Bodenreaktion, Klima, Luft, Licht und Wasser sind langfristigen Schwankungen unterworfen, von denen wiederum die biotischen Faktoren wie Bodenleben, Pflanzengesellschaften und Tiere abhängen. Deshalb spiegelt das gegenwärtige ökologische Spektrum der Orchideen der Ehrenbürg nur einen Zwischenstand in der Abfolge langer Prozesse sowohl abiotischer als auch biotischer Natur wieder. Zusätzlich zu diesen Faktoren spielt natürlich auch die Pflanze selbst eine bedeutende Rolle, dank der Entwicklungsfähigkeit ihrer ökologischen Eigenschaften, die wesentlich zu ihrer eigenen Verbreitungs- und Häufigkeitssituation beitragen.

In welcher Ausprägung wir eine Pflanze auffinden, hängt in erster Linie von ihren Standortfaktoren ab. Allgemein stellen Orchideen höhere Ansprüche an ihren Standort, insbesondere an das Klima und die Bodenverhältnisse. Weniger das Großklima unserer gemäßigten Breiten, sondern das jeweils für die einzelne Pflanze maßgebliche Mikroklima gibt den Ausschlag für deren Ausprägung. Die Bodenreaktion, der pH-Wert, stellt wohl einen der bedeutendsten Faktoren für die Ökologie der Orchideen dar. Hinzu kommen Wasser- und Lichtverhältnisse als nicht minder wichtige Komponenten. Dabei weist jedoch jede Art eine mehr oder minder große ökologische Toleranz auf, d. h. sie kann innerhalb bestimmter Grenzwerte vorkommen, die durch die Standortfaktoren gesetzt werden; je nach Konstellation und Dominanz einzelner ökologischer Faktoren erfahren die Orchideen eines Untersuchungsgebietes eine unterschiedliche Ausprägung, sei es als Optimal- , Normal- oder Kümmerform (MALKMUS 1994).

Solange der Mensch nicht in die Verknüpfung dieser ökologischen Komponenten eingriff, liefen die Veränderungen in der heimischen Flora nur sehr langsam ab. Im Laufe der mitteleuropäischen Kulturgeschichte hat der Mensch zunächst jedoch die biotischen, später auch die abiotischen Faktoren verändert. Nie waren diese Eingriffe so gravierend wie in unseren Tagen, man denke nur an die schwerwiegenden Landschaftszerstörungen und erst recht an die immer offensichtlicher werdende Klimaveränderung.

Dieser Abschnitt unserer Arbeit stellt das zentrale Kapitel dar. Hier werden für jede vorkommende Orchideenart alle wesentlichen Angaben zur Verbreitung, zur Ökologie und zu den Standortbedingungen zusammengefaßt. Am Ende der Besprechung werden wir kurz auf die Gefährdung der Standorte eingehen.

Die Angaben zur Verbreitung der einzelnen Arten erfolgen in der alphabetischen Reihenfolge des lateinischen Artnamens. In dieser Reihenfolge sind auch die Verbreitungskarten angeordnet. Die Nomenklatur der Orchideen richtet sich nach KÜMPEL (1996), die der Begleitflora folgt MÜNKER (1982), die der Bäume KREMER (1984), die der Sträucher BOLLIGER et al. und die der Gräser GRAU et al. (1990). Die Benennung der Moose und Farne richtet sich nach KREMER & MUHLE (1991).

Im Zuge der ökologischen Datenermittlung wurden im Juli und August 1998 an den Standorten aller im Bearbeitungsgebiet vorkommenden Arten pH-Messungen durchgeführt. Die Messungen erfolgten im  Ah-Horizonth mit dem pH-Meter (Soil -Tester) NIE-CO-PRODUKT der Firma NIEWKOOP B.V., Aalsmeer (Niederlande). Wir maßen ausschließlich den pH-Wert des Ah-Horizontes, da dieser ausschlaggebend für die Ionenverteilung und Ionenaustauschkapazität des Oberbodens und damit der für die krautigen Pflanzen wichtigen Bodenschichten ist (WEIS 1992).

Am 19. September 1998 untersuchten wir nochmals den pH-Wert an einigen Standorten. Es war dies der erste "trockene" Tag nach einer ca. dreiwöchigen Regenperiode. Wir versuchten, an möglichst den gleichen Stellen wie im Juli/August zu messen, damit die Ergebnisse sich vergleichen lassen könnten. Während die pH-Werte der ersten Meßreihe zwischen 6,2 und 7,0 lagen, erhielten wir diesmal Werte zwischen 5,4 und 6,5; an manchen Standorten betrug die Schwingungsamplitude sogar 1,2 pH-Einheiten. Was könnten die Ursachen dieser starken pH-Oszillation sein?

Böden stellen sich als sehr inhomogene Medien dar; deshalb ist ein Differieren der pH-Werte schon auf geringe Entfernungen möglich. Wenn die Bodenproben nicht genau von der selben Stelle  genommen wurden, so kann bereits durch den unterschiedlichen Entnahmeort eine pH-Wert-Verschiebung bedingt sein. pH-Wert-Schwankungen treten jahreszeitlich auf und sind vor allem bedingt durch die Mineralisierung organischer Substanz, hervorgerufen durch die Tätigkeit von Mikroorganismen, die Wasserstoffionen produzieren. In der Regel ist der pH-Wert im Frühjahr relativ niedrig, steigt dann zum Sommer hin an und fällt im Herbst wieder beträchtlich ab, sogar unter den Frühjahrswert (vergl. LÖTSCHERT & ULLRICH 1961). Dieses Grundmuster kann allerdings durch verschiedene Faktoren kurzfristig variiert werden, u. a. durch Feuchtigkeitsverhältnisse. Nach Lehrbuchmeinung (SCHEFFER F. & P. SCHACHTSCHNABEL 1998) sollen in Trockenperioden niedrigere pH-Werte, in Feuchteperioden höhere pH-Werte auftreten. Es gibt aber auch die Möglichkeit, daß die Mineralisierung in Trockenperioden gehemmt wird und bei einsetzendem Regen wieder voll in Gang kommt. Durch Nitrifizierung werden dann vermehrt Wasserstoffionen erzeugt, die den pH-Wert herabsetzen (briefl. Mitteilung Prof. Dr. ROSSNER, Erlangen). Diese Tatsache dürfte die Erklärung für die starke pH-Oszillation sein. Die Ergebnisse unserer zweiten Meßreihe vom 19. September 1998 führen wir bei den betreffenden Standorten  in Klammern auf.

Die Messung der Beleuchtungsstärke führten wir nach LUCKE (1975) durch. Mit dieser Methode konnte nicht der Lichtgenuß einzelner Pflanzen bestimmt werden, sondern lediglich die momentane Lichtintensität am Standort. Sie wurde als Gesamtstrahlung ermittelt, das heißt als Summe der direkten und der diffusen Strahlung. Die Lichtmessungen führten wir in den verschiedenen Expositionen zur Zeit der jeweils größten Sonneneinstrahlung durch. Am Osthang lag diese Periode ungefähr zwischen 9.30 Uhr und 11.00 Uhr, am Süd- bis Westhang fortlaufend von 12.00 Uhr bis ungefähr15.00 Uhr; anschließend erfolgten die Messungen am Nordhang. Vor Beginn der Meßreihe bestimmten wir die absolute Strahlung im Freien; so konnten alle Lichtintensitätswerte am Standort der Pflanzen in Prozent der absoluten Strahlung im Freien umgerechnet werden. Eine Meßreihe wurde bei klarem, wolkenlosem Himmel vorgenommen (Datum der Messung: 17. August 1998), eine weitere Messung am Standort von Orchis mascula bei bedecktem Himmel (Datum der Messung: 19. September 1998).

Die Messung bei bedecktem Himmel schien uns aus folgendem Grund wesentlich: Mißt man am gleichen Standort die Lichtintensität sowohl bei Sonnenschein als auch bei bedecktem Himmel, so ergeben sich in bezug auf den Lichtgenuß, bei welchem die Photosynthese noch ausreichend ist, recht unterschiedliche Werte. Wird bei voller Sonne gemessen, so wirkt sich der Schattenwurf durch benachbarte Bäume sehr stark aus. Gut besonnte Pflanzen erhalten einen hohen Anteil des vollen Tageslichtes, während bei schattierten Pflanzen die Lichtintensität sehr stark abfällt. Dadurch ergeben sich recht große Unterschiede in Bezug auf den Lichtgenuß. Wesentlich näher beieinander liegen die Grenzwerte bei bedecktem Himmel; absolut gemessen ist hier die Beleuchtungsstärke zwar wesentlich geringer, es herrscht jedoch ein kontinuierlicheres Licht. Da in diesem Fall nur diffuses Licht auf die Pflanzen einwirkt, kommt es zu keiner starken Schattenbildung.

Für die Pflanzen der Orchis mascula-Population bedeutet dies nun, daß sie bei bedeckten Himmel immer noch ca. 10 Prozent des vollen Tageslicht erhielten statt der nur ca. 6 Prozent bei Sonnenschein. Der Lichtgenuß stark beschatteter Pflanzen ist dadurch gegenüber denjenigen an sonnigen Standorten während der Vegetationsperiode mehrheitlich relativ höher (vergl. VOGT 1984).

Den Feuchtezustand des Bodens zum Zeitpunkt der pH-Wert-Messung ermittelten wir mit Hilfe der Fingerprobe (vergl. HOFMEISTER 1983). Diese grobe Bestimmung des im Oberboden vorhandenen Wassergehaltes reicht aus, um Aussagen über die Wasserversorgung der Vegetation treffen zu können, weil im Oberboden die Hauptwurzelzone der Krautschicht liegt.