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Nestwurz

Bienen-Ragwurz

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Stattliches Knabenkraut

Helm-Knabenkraut

Brand-Knabenkraut

Der Orchideenbestand der Ehrenbürg

Folgerungen für den Naturschutz

Anhang

Liste gefährdeter Arten im Untersuchungsgebiet

Literaturverzeichnis


Realisation durch faktor i, mit freundlicher Genehmigung der Autoren A. Riechelmann und A. Zirnsack.

Nestwurz

Neottia nidus-avis (L.) L. C. M. RICHARD

Anklicken zum VergrößernREICHENBACH (1851) nennt die Nestwurz  "ein braunes Gespenst zwischen den frischgrünen Pflanzen". Ihre Fruchtstände weisen die größte Witterungsbeständigkeit aller heimischen Orchideen auf; die ausgesamten und verholzten oberirdischen Triebe überdauern meist den nachfolgenden Winter und sind deshalb bis weit in den Sommer des nächsten Jahres noch zu finden, so daß die Art sich als äußerst kartierfreudig erweist. Sie wird deshalb nicht leicht übersehen und dadurch dürfte ihre Fundortdokumentation im Bereich der Ehrenbürg ziemlich vollständig sein.

Im Bearbeitungsgebiet gehört Neottia nidus-avis zu den häufigeren Orchideen. Ihren Verbreitungsschwerpunkt besitzt sie in den Wärmeliebenden Eichenmischwäldern an der Südwestflanke des Rodenstein. Eine Beschreibung dieser Vegetationsgesellschaft erfolgte bei Cephalanthera damasonium, die in dieser Vegetationseinheit mit Neottia nidus-avis vergesellschaftet ist.

Anklicken zum VergrößernMehr als 40 Exemplare der Nestwurz fanden wir an einem für diese Art ziemlich untypischen Standort im Osten der Ehrenbürg in einem Bacheschenwald (Carici remotae-Fraxinetum W. KOCH 26). Wie der Name Bacheschenwald vermuten läßt, wird diese Assoziation durch ganzjährig feuchte Böden gekennzeichnet, vorwiegend in der Nähe von Quellen oder kleinen Bächen, die in Richtung Leutenbach und Dietzhof entwässern.  Dieser Waldtyp breitet sich hauptsächlich auf staunassen Böden entlang der Quellhorizonte des Ornaten- und des Opalinustons im Osten der Ehrenbürg aus.

Die Rot-Buche (Fagus sylvatica) verträgt solche feuchten Verhältnisse nicht und wird durch die Gemeine Esche (Fraxinus excelsior) und vor allem durch die Schwarz-Erle (Alnus glutinosa) ersetzt. Die Wald-Hasel (Corylus avellana) und gelegentlich die Hain-Buche (Carpinus betulus) begleiten die beiden vorher genannten typischen Feuchtigkeitszeiger.

Die Assoziation des Bacheschenwaldes wird durch die Winkel-Segge (Carex remota) und die Hohe Schlüsselblume (Primula elatior) charakterisiert. Als weitere Arten der Krautschicht fanden wir das Echte Mädesüß (Filipendula ulmaria), den Aronstab (Arum maculatum), den Wald-Ziest (Stachys sylvatica), die Sumpf-Dotterblume (Caltha palustris), den Gemeinen Efeu (Hedera helix), den Riesen-Schachtelhalm (Equisetum telmateia), den Wald-Frauenfarn (Athyrium filix-femina), und den Dornigen Wurmfarn (Dryopteris carthusiana). Geringe Stetigkeit an diesem Standort zeigten die Türkenbund-Lilie (Lilium martagon) und das Fuchs-Greiskraut (Senecio fuchsii). Der Jungwuchs der Schwarz-Erle (Alnus glutinosa) vermischt mit dem Schwarzen Holunder (Sambucus nigra) und dem Pfaffenhütchen (Euonymus europaeus) bilden die Strauchschicht.

Die Nestwurz wächst nicht unmittelbar im staunassen Bereich, sondern auf stark humosen, von Fallaub bedecktem, aber sehr feuchten Oberboden am bergwärts liegenden Randbereich des Bacheschenwaldes. Der Ah-Horizont zeigte pH-Werte zwischen 5,7 und 6,0 (3 Messungen / 19.9.1998). An dem lichtarmen Standort beträgt die minimale Beleuchtungsstärke (im Schatten der Bäume) nur 500 Lux; je nach Sonnenstand erreicht das Licht den Waldboden nur minutenweise und die Beleuchtungsstärke beträgt dann höchstens 2000 Lux (Variationsbreite des Lichtgenusses in Prozent der absoluten Strahlung: sonnig 0,6% -2,5%). Der Blühbeginn liegt bei Neottia nidus-avis im Untersuchungsgebiet um den 25. Mai. Alle Pflanzen zeigten einen Fruchtansatz zwischen 95 und 100 Prozent.

Sehr häufig setzt die Nestwurz im Bereich der Ehrenbürg nach einem Jahr der Blüte mindestens ein, meistens sogar zwei Jahre mit dem Blühen aus. Man findet dieses Intermittieren vor allem bei saprophytischen Orchideen, weshalb ihr Auffinden fast immer zufällig ist. REINEKE & RIETDORF (1989) fanden heraus, daß die meisten Pflanzen der Nestwurz nach der unterirdischen Entwicklung nur einmal zur Blüte gelangen. Danach zerfällt der alte Wurzelstock; aus einer oder mehrerer Wurzelspitzen entwickeln sich innerhalb einiger Jahre neue Pflanzen bis zur Blühreife. Der Witterungsverlauf zeigt ebenfalls Einfluß auf den unterirdischen Zyklus, indem er den Austrieb um ein oder mehrere Jahre zurückschiebt bzw. vorantreibt, so daß sich mehr oder minder starke "Neottia-Jahre" ausprägen.

Die Art besiedelt relativ gesicherte Biotope, so daß momentan von keiner akuten Gefährdung gesprochen werden kann.