Lage des bearbeiteten Gebietes Bemerkungen zu den einzelnen Arten Der Orchideenbestand der Ehrenbürg Folgerungen für den Naturschutz Anhang Liste gefährdeter Arten im Untersuchungsgebiet Realisation durch faktor i, mit freundlicher Genehmigung der Autoren A. Riechelmann und A. Zirnsack. |
Schmallippige StendelwurzEpipactis leptochila (GODFERY) GODFERYFür Epipactis leptochila gelang uns 1998 der Erstnachweis für das Gebiet der Ehrenbürg. Zwei Pflanzen fanden wir Mitte Juli am Rande eines Ahorn-Eschen-Schluchtwaldes (Aceri-Fraxinetum KOCH 26 em. TH. MÜLLER 66) am nördlichen Abhang des Walberla. Diese Gesellschaft gedeiht am Fuß der steilen, nördlichen Schattenhänge auf den mächtigen Schutthalden des Malms. Auf dem stark beweglichen Schutt kann die Buche nicht mehr Fuß fassen. Nur an den Stellen, wo der Hang ausläuft und das Gelände ebener wird, sind einige Rotbuchen eingestreut. Das reichlich anfallende Laub und die absterbende Krautschicht bilden einen sehr gut gekrümelten, dunkelbraunen Mullhumusboden mit guter Durchlüftung für die Bodenlebewelt. Das alles sind Voraussetzungen für einen üppigen Pflanzenwuchs. Das Baumstockwerk wird fast nur von anspruchsvollen Edellaubhölzern wie dem Berg-Ahorn (Acer pseudoplatanus), der Gemeinen Esche (Fraxinus excelsior), der Sommer-Linde (Tilia platyphyllos) und der Berg-Ulme (Ulmus glabra) gebildet. An Stellen mit etwas mehr Licht trafen wir auf den Schwarzen Holunder (Sambucus nigra) als einzigen Vertreter der Strauchschicht und als Anzeiger besserer Stickstoffversorgung im Boden. Adäquater Ausdruck der hohen, ausgeglichenen Luftfeuchtigkeit und anderer optimaler Standortbedingen sind die typischen Schattenpflanzen. Da der bewegte Hangschutt einer dichten Besiedelung im Wege steht, finden wir eine ausgeprägte Krautschicht besonders am Rande dieser Pflanzengesellschaft. Häufig sind kriechende und ausläufertreibende Arten wie die Haselwurz (Asarum europaeum) und die Goldnessel (Lamium galeobdolon) vertreten. An lichteren Stellen trafen wir auf das Große Springkraut (Impatiens noli-tangere), auf das Maiglöckchen (Convallaria majalis) und auf das Ährige Christophskraut (Actaea spicuta). Sehr artenreich vertreten sind die felsbewohnenden oder den Schutt durchdringenden Farne wie der Braune Streifenfarn (Asplenium trichomanes), die Mauerraute (Asplenium ruta-muraria), der Gemeine Wurmfarn (Dryopteris filix-mas), der Zerbrechliche Blasenfarn (Cystopteris fragilis), der Ruprechtsfarn (Gymnocarpium robertianum) und der Gemeine Tüpfelfarn (Polypodium vulgare). Optimale Bedingungen für Moose ergeben sich aus der hohen Luftfeuchtigkeit , der sich gut zersetzenden Streu aller hier vorkommenden Baumarten, sowie durch die vielen Geröllbrocken, auf denen höhere Pflanzen nicht so schnell Fuß fassen können. Als Beispiel möchten wir das Gewellte Sternmoos (Plagiomnium undulatum) aufführen. Epipactis leptochila ist durch ihre Farbgebung im vegetationsarmen Schluchtwald absolut unauffällig. Die zwei Pflanzen der Schmallippigen Stendelwurz stehen unmittelbar im Bereich einer mächtigen Buche in unterer Hanglage, an der der Boden leicht verlehmt und im oberen Profilteil bereits entkalkt ist; darauf deuten auch die pH-Werte des frischen Ah-Horizontes und die Anwesenheit der Säurezeiger Dryopteris filix-mas (Reaktionszahl 5 = Mäßigsäurezeiger) und Polypodium vulgare (Reaktionszahl 2 = Säurezeiger) hin (Reaktions-zahlen nach ELLENBERG 1974). Bei drei Messungen erhielten wir Werte zwischen 5,8 und 6,0. Nach NIESCHALK (1970) stoßen das absteigende Rhizom und die zahlreichen langen Wurzeln sehr tief in den steinigen und kalkreichen Untergrund vor, um den hohen Kalkbedarf dieser Art ausreichend zu befriedigen. Den Boden bedeckt an der Oberfläche eine hohe und dichte, feuchtigkeitshaltende Laubschicht, die während der warmen, sommerlichen Jahreszeit, der Vegetationsperiode dieser spät austreibenden Art, die gespeicherte Feuchtigkeit durch allmähliche Transpiration abgibt, wodurch es zu einer temperierten, kühlen und zugleich feuchten Luft an diesem Wuchsort kommt. Während die eine Pflanze noch in Knospe stand, öffneten sich bei der größeren gerade die untersten Blüten, die fast senkrecht nach unten hingen. Das Epichil streckt sich gerade nach vorne; insofern unterscheiden sich diese Pflanzen von den übrigen Epipactis leptochila-Pflanzen der Fränkischen Schweiz, da bei diesen die Spitze des Epichils in der gesamten Länge nach hinten umgeschlagen ist. Ob diese kleine Population als Rest ehemals größerer Vorkommen anzusehen ist, die durch intensivere Bewirtschaftung der Wälder reduziert wurde, können wir nicht entscheiden. Sehr oft sind diese kleinen inselartigen Vorkommen jedoch geologisch bedingt, indem die Art nur bestimmte, auf anstehenden Kalkschichten gelegene örtlich begrenzte Waldstellen besiedelt. Auch BAYER (1980) berichtet, daß die Schmallippige Stendelwurz nur äußerst selten in größerer Zahl vorkommt, sondern mehr ein Einzelgänger ist. Die Beleuchtungsstärke an diesem Standort lag zwischen 1000 Lux im Schatten der Buche und 10 000 Lux an den Stellen, wo die Sonne den Waldboden kurzzeitig erreichen konnte (Variationsbreite des Lichtgenusses in Prozent der absoluten Strahlung: sonnig 1,25 - 12,5 %). Epipactis leptochila bevorzugt diese dunkleren Standorte, weil weniger Licht kühlere und damit feuchtere Luft bedeutet und ein dichtes Blätterdach die Feuchtigkeit zurückhält. Der Blühbeginn liegt im Bereich der Ehrenbürg um den 15. Juli. Allein schon wegen der äußerst geringen Individuenzahl gilt der Bestand von Epipactis leptochila für das Gebiet der Ehrenbürg als gefährdet. Wir haben aber die berechtigte Hoffnung, in den nächsten Jahren noch einige Exemplare finden zu können. |