Lage des bearbeiteten Gebietes Bemerkungen zu den einzelnen Arten Der Orchideenbestand der Ehrenbürg Folgerungen für den Naturschutz Anhang Liste gefährdeter Arten im Untersuchungsgebiet Realisation durch faktor i, mit freundlicher Genehmigung der Autoren A. Riechelmann und A. Zirnsack. |
Bienen-RagwurzOphrys apifera HUDSONDer Blührhythmus der Bienen-Ragwurz gestaltet sich mitunter sehr eigenwillig. Die Schwankungen in der Anzahl der pro Jahr zur Blüte gelangenden Exemplare ist unter allen Ophrys-Arten bei dieser am ausgeprägtesten. In zeitlich großen Abständen tritt sie im Bereich der Ehrenbürg mit einem oder zwei Exemplaren sporadisch auf, um in den darauf folgenden Jahren gar nicht mehr zu blühen (1987/2 Ex., 1988/1 Ex., 1994/2 Ex., 1995/1Ex., 1998/1 Ex.). Besonders schwierig gestaltet sich das Auffinden nichtblühender Exemplare, so daß sich die Ermittlung exakter Zahlen für eine zuverlässige Fundortstatistik aus diesem Grunde recht problematisch erweist. Zum ersten Mal trafen wir auf zwei Exemplare von Ophrys apifera Mitte Juli 1987 auf einer kleinen Waldlichtung im südlichen Bereich des Rodenstein. Auf die pflanzensoziologische Zusammensetzung dieses Wuchsortes wird bei Ophrys insectifera näher eingegangen. Mitte August 1987 hatte die eine Pflanze eine Fruchtkapsel angesetzt, bei der zweiten Pflanze fruchteten zwei Blüten. Trotz intensiver Suche entdeckten wir Mitte Juni 1988 nur noch ein sehr kümmerliches Exemplar an dieser Stelle und in den weiteren Jahren blieb die Bienen-Ragwurz dort verschollen. Auf einer verbuschenden Lichtung im Wärmeliebenden Eichenwald auf der Südseite des Rodensteins stießen wir im Frühsommer 1994 auf zwei stattliche Exemplare der Bienen-Ragwurz. Die Pflanzen bildeten fünf bzw. sieben Blüten aus; da sie nach der Samenreife sehr schnell vergilben und vertrocknen, konnten wir die zwei Exemplare Mitte August, als wir den Fruchtansatz kontrollieren wollten, nicht mehr auffinden. Etwa 20 Meter von den vorjährigen Pflanzen entfernt trafen wir im Sommer 1995 auf ein Einzelexemplar. Seither blieb auch an diesem Wuchsort Ophrys apifera verschollen. Am 25. Juni 1998 fanden wir eine Einzelpflanze von Ophrys apifera am Rande einer Schlehenhecke auf einem Magerrasen am Aufgang zur Walpurgiskapelle.Die Vegetation der offenen Flächen auf der West - und Südwestseite am Fuße der Ehrenbürg ist durch die Dominanz von Arten der Kalk-Magerrasen geprägt. Sowohl die Aufrechte Trespe (Bromus erectus) als auch die Fieder-Zwenke (Brachypodium pinatum) kommen mit unterschiedlicher Artmächtigkeit, aber hoher Stetigkeit auf der gesamten Fläche vor und bilden zusammen mit niedrigen Hemikryptophyten und Geophyten eine nahezu geschlossene, meist recht niedrige Vegetationsdecke. Das gemeinsame Auftreten tritt- und verbißempfindlicher Arten wie der Aufrechten Trespe (Bromus erectus) einerseits, weideresistenter, niederliegender Pflanzen wie der Stengellosen Kratzdistel (Cirsium acaule) oder Weideunkräuter wie der Zypressen-Wolfsmilch (Euphorbia cyparissias) andererseits verdeutlichen die Stellung zwischen den einschürigen Kalk-Magerrasen [Mesobrometum erecti (BR.-BL. et MOOR 38 em OBERD. 57)] und den Kalk-Magerwiesen (Gentiano-Koelerietum KNAPP 42 ex BORNK. 60); auch das fast vollständige Fehlen des Wacholders weist auf die ehemalige Vorrangnutzung als Mähwiese hin. Der Wuchsort der Bienen-Ragwurz beherbergt mit relativ hoher Stetigkeit die Kriechende Hauhechel (Ononis repens), den Dost (Origanum vulgare), das Jakobs-Greiskraut (Senecio jacobaea) und die Gemeine Schafgarbe (Aquilea millefolium). Einen wesentlich geringerer Anteil an der Artenzusammensetzung dieses Wuchsortes haben das Taubenkropf-Leimkraut (Silene vulgaris), der Acker-Wachtelweizen (Melampyrum arvense), der Wiesen-Salbei (Salvia pratensis) und das Zittergras (Briza media). Der frische Ah-Horizont der südwestlich exponierten Hangwiese hatte einen pH-Wert von 6,0 / 2 Messungen. Zur Zeit der maximalen Sonneneinstrahlung betrug die Beleuchtungsstärke 60 000 Lux. Durch eine Schlehenhecke erhält die Pflanze erst ab 16.00 Uhr ein wenig Schatten. Dieser Randbereich des Gebüsches vermag aber der Bienen-Ragwurz etwas mehr Feuchtigkeit anzubieten als das freie Umfeld. Die Feuchtigkeitsführung an Ophrys apifera-Biotopen ist von großer Wichtigkeit. Wo die Wasserhaltung des Bodens gegeben ist, bildet sich eine Moosschicht und hält auch bei starker Sonneneinstrahlung die Feuchtigkeit zurück. Diese Schicht bewahrt somit den Boden einerseits vor Austrocknung, andererseits verhindert sie, daß im Winter die Kälte in den Boden eindringt. (vergl. CHATTOPADYHAY 1991). Leider wurde das Gebiet in diesem Jahr viel zu früh beweidet. Bereits am 1. Juli zog der Schäfer mit seiner Herde über die Magerrasen am Fuße der Ehrenbürg; dabei wäre es gerade für den Fortbestand von Ophrys apifera sehr wichtig, daß das Gelände erst nach dem Aussamen beweidet wird. KÜMPEL (1992) hält es für unabdingbar, den Schäfern Flurkarten mit verschiedenfarbigen Signaturen für die Zeiten des Weideauftriebes bzw. des Hüteverbotes bestimmter Teilflächen an die Hand zu geben. Zeitlich begrenzte Auflassung bis zur Samenreife und der Abbruch der Schafhut bereits im Oktober wegen der Winterblattbildung sind Voraussetzung für eine bestandsfördernde Beweidung. Ferner sollte vom Landschafts-Pflegeverband darauf geachtet werden die Verweildauer der Schafe recht kurz zu halten, da durch die Verletzung der Grasnarbe durch Weidetiere die Ansamung von Gehölzen, besonders der Schlehe, begünstigt wird (vergl. PFADENHAUER & ERZ 1980). Die Bienen-Ragwurz bildet wie alle heimischen Ophrys-Arten sogenannte Winterblätter. Bereits in den frühen Herbstmonaten treibt die Pflanze eine Blattrosette aus, mit der sie auch im Winter assimiliert. Sie gibt sich durch dieses Verhalten als Art zu erkennen, die ihren Ursprung in Gegenden mit milden Wintern hat. Die Blühfreudigkeit hängt deshalb in gewissen Umfang auch vom Verlauf des vorausgegangenen Winters ab, da die Blattrosetten in harten Wintern mit strengen Frösten stark geschädigt werden können, was offenbar zu einer Schwächung der Pflanzen und zu einer Verminderung der Blühfreudigkeit führt (vergl. ECCARIUS 1983). Eine andere Erklärung für die Unbeständigkeit im Blühverhalten der Bienen-Ragwurz liefern REINEKE & RIETDORF (1989). Nach ihrer Meinung sterben die unterirdischen Teile der Pflanze nach der Blüte ab, ohne Tochterknollen gebildet zu haben. Die Neuansiedlung erfolgt dann durch das Aufwachsen aus Samen, wobei das Wachstum so synchronisiert ist, daß alle Pflanzen im selben Jahr blühreif werden und wir dann von einem "Bienenjahr" sprechen können. Zu einem ähnlichen Ergebnis kam STAHL (1989); er beobachtete Ophrys apifera über mehrere Jahre hinweg in einem aufgelassenen Weinberg bei Stuttgart. Da er alle herbstlichen Blattrosetten und später dann die blühenden Pflanzen in Karten registrierte, erlauben seine Aufzeichnungen weitreichende Rückschlüsse auf das Verhalten der Bienen-Ragwurz. Besonders interessant scheint die auch quantitativ festgehaltene Tatsache, daß Ophrys apifera schon drei bis vier Jahre nach ihrer Ansiedlung zu blühen vermag, unmittelbar danach aber meist vollständig abstirbt. Nur dort, wo eine regelmäßige Verbreitung durch Samen möglich ist, vermag sich die Art auch langfristig zu halten. Nach KÜMPEL (1992) erscheinen im Herbst ihres Blühjahres nur solche Exemplare wieder als Rosette, in deren Infloreszenzen wenige oder keine Fruchtkapseln ausgebildet wurden; als große Ausnahme brachten sie im darauf folgendem Jahr einen zweiten Blütensproß. Hingegen stellt BOCKHACKER (1995) für einen Standort bei Jena fest, daß das Blühvermögen einzelner Pflanzen über Jahre hinweg erhalten bleibt und ein hoher Prozentsatz älter als fünf Jahre wird; nur wenige Pflanzen werden im Folgejahr nicht mehr gefunden. Eine nicht ausreichende Winter-Niederschlagsmenge gilt für ihn als begrenzender Faktor. Für eine Art, die in der mediterranen Region mit ausgeprägten Winterregen ihre Hauptverbreitung besitzt und deren Fundorte im nordbayerischen Raum einen Teil der östlichen Verbreitungsgrenze in Mitteleuropa bilden (SCHÖNFELDER 1970), scheint dies eine einleuchtende Erklärung. So betrug zum Beispiel im letzten "guten" Bienenjahr 1995 die Januarregenmenge 127 mm für das Gebiet um Bamberg, das ist der höchste Wert seit der kontinuierlichen Wetteraufzeichnung im Jahre 1879 (BÖSCHE 1995). HILVERKUS (1998) stellte Langzeitbeobachtungen über das Mikroklima an Standorten von Ophrys apifera an und kam zu dem Ergebnis, daß ein frostfreier Boden über die Winter-periode hinweg die Blühfreudigkeit der Pflanzen im Frühjahr fördert. Eine ausreichend hohe Schneedecke verhindert das übermäßige Absenken der Bodentemperatur und bewirkt außerdem eine bessere Durchfeuchtung des Bodens, denn bei Tauwetter wird die Feuchtigkeit gleichmäßig über einen längeren Zeitraum an den Untergrund abgegeben. Auch SCHUMACHER, WEIS & OPITZ (1998) stellten bei ihren Untersuchungen fest, daß sich die Niederschlagsmengen in bestimmten Zeiträumen, entsprechend der Wasserhaltekraft des Standortes, besonders stark auf das Blühverhalten von Ophrys apifera auswirken. Die angeführten Arbeiten beziehen sich jeweils nur auf einen einzigen Standort, so daß die Ergebnisse sich nicht uneingeschränkt auf das Gebiet der Ehrenbürg mit ihren sporadisch auftretenden wenigen Pflanzen übertragen lassen. Wir wollten an diesem Beispiel nur aufzeigen, daß die Erkenntnisse über die Biologie und Ökologie, sowie über die Individual- und Populationsentwicklung der Bienen-Ragwurz noch auf sehr schwankenden Füßen stehen und deshalb dringend weitere Daten, vor allem Langzeitbeobachtungen benötigt werden, um die Gefährdung einer Population abzuschätzen und konkrete Schutzmaßnahmen einleiten zu können. Da das einzige Exemplar der Bienen-Ragwurz im Jahre 1998 von Schafen vor der Samenreife abgefressen wurde, haben wir die berechtigte Hoffnung, daß es im Sommer 1999 nochmals zur Blüte gelangt. Als alleinige einheimische Ophrys-Art ist die Bienen-Ragwurz autogam, so kann sie sich auch an Wuchsorten mit nur einem Exemplar generativ vermehren. Deshalb erwarten wir auch, daß die zur Unbeständigkeit neigende Art hier und da im Gebiet der Ehrenbürg wieder auftaucht, da noch einige geeignete Biotope vorhanden sind. Ein entscheidender Grund für die langfristige Erhöhung der Individuenzahl dürfte jedoch darin liegen, daß die Magerrasen wieder wie früher mehr oder weniger lückig gehalten werden. Die Orchideensamen haben dann viel größere Chancen in den Boden zu gelangen und zu keimen als bei Flächen mit dichtem Pflanzenfilz; denn durch die Weidetiere werden die Samen fest in den Boden getreten und sogar auf benachbarte Flächen transportiert (SCHUMACHER, WEIS & OPITZ 1998). |