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Einleitung

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Großes Zweiblatt

Nestwurz

Bienen-Ragwurz

Fliegen-Ragwurz

Stattliches Knabenkraut

Helm-Knabenkraut

Brand-Knabenkraut

Der Orchideenbestand der Ehrenbürg

Folgerungen für den Naturschutz

Anhang

Liste gefährdeter Arten im Untersuchungsgebiet

Literaturverzeichnis


Realisation durch faktor i, mit freundlicher Genehmigung der Autoren A. Riechelmann und A. Zirnsack.

Fliegen-Ragwurz

Ophrys insectifera L.

Anklicken zum VergrößernFür eine Ophrys-Art besitzt die Fliegen-Ragwurz eine breite ökologische und soziologische Amplitude, vor allem hinsichtlich des Licht- und Wasserfaktors. Ihr Optimum scheint sie jedoch unzweifelhaft in Trockenbiotopen zu erreichen. Während viele Autoren besonders ihre Licht- und Wärmebedürftigkeit hervorheben, fanden wir lediglich bei ECCARIUS (1983), RENNWALD (1985) und  SPARMBERG (1992) einen Hinweis auf lichtarmen Standorte.

Im Frühjahr 1998 entdeckten wir Ophrys insectifera an einem für diese Art ungewöhnlichen Fundort am südwestlichen Abhang des Rodenstein, unmittelbar unterhalb der steilen Dolomitfelsen. Der Hangschutt wird in diesem Bereich von einer stärkeren, frischen Humusschicht überdeckt. Mehrere Exemplare der Gemeinen Kiefer (Pinus sylvestris) durchsetzen hier den verhältnismäßig niedrigen und lichten Eichenbuschwald. Während die Stil-Eiche (Quercus ilex), die Hain-Buche (Carpinus betulus), der Berg-Ahorn (Acer pseudoplatanus)  und die Wald-Hasel (Corylus avellana) hier vor Jahren auf Stock gesetzt wurde, ließ man die Kiefern stehen, so daß sie nun den Niederwald weit  überragen. Die sich nur schwer zersetzende Nadelstreuauflage verhindert einen üppigen Krautwuchs. Der Rote Hartriegel (Cornus sanguinea), der Wollige Schneeball (Viburnum lantana), die Elsbeere (Sorbus torminalis) und die Gemeine Waldrebe (Clematis vitalba) prägen die Strauchschicht. Die Krautschicht erreicht in dem lockeren Wald nur eine geringe Deckung und besteht vor allem aus dem Hain-Rispengras (Poa nemoralis), der Wald-Trespe (Bromus ramosus), der Wald-Segge (Carex sylvatica), der Wiesen-Schlüsselblume (Primula veris), der Schwalbenwurz (Cynanchum vincetoxicum), und dem Fuchs-Greiskraut (Senecio fuchsii). Von geringer Stetigkeit sind die Ästige Graslilie (Anthericum ramosum), der Aronstab (Arum maculatum) und die Türkenbund-Lilie (Lilium martagon).

Die soziologische Einordnung dieser Vegetationseinheit bereitet uns einige Schwierigkeiten, da sich um die Kiefern ein Artengemisch einstellte, das sowohl eine Zuordnung zum Wärmeliebenden Eichenmischwald [Clematido-Quercetum (GAUCKLER 38) OBERD. 57] als auch zum Eichen-Hainbuchenwald mit Wiesen-Schlüsselblume (Galio-Carpinetum primuletosum veris sensu KÜNNE 69) zuläßt.

Der Blühbeginn von Ophrys insectifera liegt im Bereich der Ehrenbürg um den 15. Mai. Der Pflanzenbestand setzt sich aus 19 blühenden Exemplaren zusammen, sterile Pflanzen konnten wir nicht finden. Der pH-Wert wies für den frischen Ah-Horizont Werte zwischen 6,2 und 6,6 auf (3 Messungen). Da der Wuchsort direkt unterhalb der steil abfallenden Dolomitfelsen liegt, erhält der Boden durch herabtropfendes, kalkführendes Wasser eine periodische Nährstoffzufuhr und damit eine gewisse Aufwertung. Im Schatten der Bäume ergaben unsere Lichtmessungen eine Beleuchtungsstärke zwischen 500 und 1000 Lux, wenn die Sonne kurzzeitig den Waldboden erreichte lag die Beleuchtungstärke bei 5000 Lux (Variationsbreite des Lichtgenusses in Prozent der absoluten Strahlung: sonnig 1,25% - 6,25%). Auch RENNWALD (1985) berichtet, "daß es erstaunlich ist, mit wie wenig Licht diese ansonsten doch so lichtliebende Pflanze auskommt". Er fand Ophrys insectifera im Auwald und unter dichtestem Schlehengebüsch. Durch die südwestliche Exposition des Wuchsortes und durch den geringen Schattenwurf der Bäume erhalten die Pflanzen auch während der Wintermonate eine gute Durchsonnung.

Da wir den Standort erst 1998 entdeckten und folglich noch keine Langzeitbeobachtung möglich war, können wir nicht entscheiden, ob es sich hier um einen Grenzstandort für die Fliegen-Ragwurz handelt oder um ein stabiles Vorkommen innerhalb einer weiten ökologischen Amplitude dieser Pflanzen. Lichtarmut, relative Feuchte und eine periodische Nährstoffzufuhr durch kalkhaltiges Wasser können wahrscheinlich eben solche vorteilhafte Bedingungen für Ophrys insectifera schaffen wie Lichtfülle, Trockenheit und extensive Nutzung magerer Trockenrasen auf Kalkböden. SPARMBERG (1992) vermutet sogar, daß sich die Fliegen-Ragwurz in ihrem subatlantischen Verbreitungsgebiet in diesen lichtarmen Waldstandorten wahrscheinlich in einer ursprünglichen Pflanzengemeinschaft befindet, da sie sich hier gegenüber den Trockenrasen-Standorten ohne eine Bewirtschaftung entwickeln kann.

Anklicken zum VergrößernAuf einem steilen, südöstlich exponierten Geröllhang mit geringer Humusauflage im südlichen Bereich des Rodenstein trafen wir im Frühjahr 1985 auf sechs blühende Exemplare der Fliegen-Ragwurz; sie standen auf einer kleinen Waldlichtung, auf der sich ein Halbtrockenrasen ausbreitete. Als Folge der natürlichen Sukzession waren bereits Jungpflanzen der Wald-Haselnuß (Corylus avellana), der Gemeinen Mehlbeere (Sorbus aria) und der Stil-Eiche (Quercus robur) aus dem angrenzenden Wald auf die Lichtung gedrungen. Zu diesem Zeitpunkt (Frühjahr 1987) stellt dieser Wuchsort den artenreichsten Orchideenstandort im Bereich der Ehrenbürg dar.

Neben Ophrys insectifera fanden wir hier Ophrys apifera (je zwei Exemplare 1987 und 1988), Cephalanthera damasonium, Epipactis atrorubens, Epipactis helleborine, Gymnadenia conopsea und Neottia nidus-avis. Es ließ sich aber absehen, daß die Verbuschung weiter fortschreiten und sich dadurch auch die Standortbedingungen verschlechtern würden. Im Frühjahr 1987 blühten nur noch drei Pflanzen der Fliegen-Ragwurz und in den Folgejahren blieb sie ganz aus. Lediglich noch einige Exemplare der "normalen" Epipactis helleborine und zwei Pflanzen des "Zick-Zack-Typs" beherbergte dieser ehemals artenreiche Orchideenstandort im Sommer 1998.   

Da an dem Hauptwuchsort am südwestlichen Abhang des Rodenstein die bisherige Waldwirtschaftsform unverändert beibehalten werden dürfte und somit zerstörende Maßnahmen mit ziemlicher Sicherheit ausgeschlossen werden können, scheint der Bestand von Ophrys insectifera trotz seiner Individuenarmut nicht akut gefährdet zu sein. Möglicherweise sind im Untersuchungsgebiet auch noch weitere Wuchsorte vorhanden, die aber bislang übersehen wurden.