Logo des Tourismusvereins

Startseite

Einleitung

Lage des bearbeiteten Gebietes

Geologie

Klima

Kulturgeschichte

Ausgewertete Literatur

Bemerkungen zu den einzelnen Arten

Bleiches Waldvögelein

Breitblättrige Kuckucksblume

Dunkelrote Stendelwurz

Breitblättrige Stendelwurz

Schmallippige Stendelwurz

Müllers Stendelwurz

Violette Stendelwurz

Mücken-Händelwurz

Großes Zweiblatt

Nestwurz

Bienen-Ragwurz

Fliegen-Ragwurz

Stattliches Knabenkraut

Helm-Knabenkraut

Brand-Knabenkraut

Der Orchideenbestand der Ehrenbürg

Folgerungen für den Naturschutz

Anhang

Liste gefährdeter Arten im Untersuchungsgebiet

Literaturverzeichnis


Realisation durch faktor i, mit freundlicher Genehmigung der Autoren A. Riechelmann und A. Zirnsack.

Brand-Knabenkraut

Orchis ustulata L.

Anklicken zum Vergrößern Mit dem Brand-Knabenkraut begegnet uns die kleinste und am wenigsten variable Art der gesamten Gattung Orchis. Im Bereich der Ehrenbürg konnten wir sechs Wuchsorte mit insgesamt etwa 50 blühenden Pflanzen auffinden. Orchis ustulata bewohnt hauptsächlich thermophile Halbtrockenrasen im Bereich der beiden Dolomitkuppen. Die Artenzusammensetzung wird auch an diesen Standorten in typischer Weise durch die geologischen Verhältnisse wie flachgründigen Dolomitboden und durch klimatische Bedingungen wie die extreme Sonneneinstrahlung und die austrocknenden Aufwinde bestimmt; hinzu kommt, daß die Niederschläge rasch in den sandigen Dolomitboden versickern.

Der am besten bestückte Standort befindet sich unmittelbar unterhalb der Dolomitfelsen am Walberla-Gipfel. Es handelt sich um einen thermophilen Halbtrockenrasen (Mesobrometum erecti typicum sensu V. ROCHOW 51), der westlich exponiert ist und eine Hangneigung von ca. 30 Prozent besitzt. Trockenheitszeiger wie die Rauhe Gänsekresse (Arabis hirsuta) und das Kleine Habichtskraut (Hieracinium pilosella) haben in dieser Gesellschaft auf der Ehrenbürg ihren Schwerpunkt. Eine hohe Stetigkeit an diesem Standort zeigen auch die Schwalbenwurz (Cynanchum vincetoxicum), das Nickende Leinkraut (Silene nutans), der Natternkopf (Echium vulgare), das Gemeine Sonnenröschen (Helianthemum nummularium), die Karthäuser-Nelke (Dianthus carthusianorum), die Zypressen-Wolfsmilch (Euphorbia cyparissias) und die Stein-Bergminze (Satureja acinos). Weitere attraktive und zugleich treue Arten dieser Assoziation sind der Arznei-Thymian (Thymus pulegioides) und der Feld-Beifuß (Artemisa campestris). BRACKEL & ZINTL (1983) weisen darauf hin, daß man das Brand-Knabenkraut in dieser Asssoziation nur an schwer zugänglichen Stellen finden kann. Sie führen diese Tatsache darauf zurück, daß die Ehrenbürg eines der Hauptausflugsziele zwischen Nürnberg und Bamberg darstellt und deshalb die empfindlichen Halbtrockenrasen das ganze Jahr über enormen Trittbelastungen durch Besucher ausgesetzt sind.

So zählten Mitglieder des Bundes Naturschutz am Sonntag, den 7. Mai 1989 von 13.30 Uhr bis 14.00 Uhr mehr als 100 Menschen im westlichen Steilhang. Die Besucher kletterten häufig auf allen Vieren den Hang hinauf, hielten sich an der Trockenrasen-Vegetation fest und  rissen dabei den Bewuchs büschelweise heraus; absteigende Wanderer schlitterten und schlürften den Steilhang hinab und beschädigten dabei die Grasnarbe (KEHRT 1989). Dabei wird die Vegetation an vielen Stellen so aufgerissen, daß der Erosion bis zum blanken Fels hin allmählich Raum gegeben wird. Da kein Wegegebot erkennbar ist, haben sich bereits regelrechte Erosionsrinnen gebildet. Diese bieten Ansatzflächen für Bodenabtragung und bilden damit in der Folge den Anfang für eine großflächige Zerstörung der Trockenrasen am westlichen Steilhang.

Das Brand-Knabenkraut beginnt  auf der Ehrenbürg um den 10. Mai zu blühen. Die maximale Beleuchtungsintensität liegt an diesem Standort zwischen 12 Uhr und 15 Uhr bei ca. 80 000 Lux, ein Wert, der für eine heliophile Art durchaus üblich ist. Die Messungen des pH-Wertes im trockenen  Ah-Horizont ergaben Werte zwischen 6,8 und 7,0 (3 Messungen).

Anzahl der blühenden Exemplare: 1979 / 10 Ex. (v. BRACKEL 1990), 1987 / 18 Ex., 1989 / 0 Ex. (v. BRACKEL 1990), 1990 / 34 Ex., 1991 / 26 Ex., 1993 / 5 Ex., 1994 / 1 Ex., 1995 / 10 Ex., 1996 / 30 Ex., 1997 / 30 Ex., 1998 / 80 Ex.

Solche Schwankungen der Anzahl blühender Pflanzen wie in den Jahren 1994 und 1996 treten besonders bei den winterblattbildenden Orchideen auf, zu denen Orchis ustulata gehört. Die Pflanzen treiben oft schon im September aus und überdauern die kalte Jahreszeit als grüne Blattrosetten. Sie sind darauf angewiesen, günstige Witterungsabschnitte im Winterhalbjahr für ihre Existenz zu nutzen, ehe sie im späten Frühjahr das Wachstum beenden und nach dem Einziehen als Knollen bis zum Herbst im Boden überdauern. Blütenausfälle können auf zu kleine Knollen infolge ungünstiger Witterungsbedingungen des Vorjahres zurückzuführen sein, können aber auch durch Spätfröste unmittelbar vor Blühbeginn verursacht werden (vergl. WEISSERT 1987).

Einen weiteren Standort fanden wir 1987 erstmals auf dem Plateau des Walberla. Der Bestand entwickelte sich bis zum Jahr 1996 von zwei auf fünf Pflanzen. Eine ganz andere Pflanzengesellschaft finden wir in diesem Bereich; Ursache dafür sind die Menschenmassen, die sich nicht nur während des Walberla-Festes, sondern das gesamte Jahr hindurch über diesen Standort bewegen. So trafen wir am Samstag den 16. Oktober 1998 zwischen 14.30 Uhr und 17.00 Uhr mehr als 400 Besucher auf der Gipfelfläche der Ehrenbürg an, zwölf Drachenflieger, 14 freilaufende Hunde und sieben Mountainbiker, die trotz Verbotshinweisen im Naturschutzgebiet ihren Sport ausübten. Den Parkplatz und die Anfahrtsstraße von Schlaifhausen belegten an diesem Nachmittag mehr als 120 PKW. Besonders bei nasser Witterung sind die Trittschäden durch Besucher abseits der Wanderwege am flach geneigten Hang sehr augenfällig (siehe dazu auch Bericht der Nordbayerischen Nachrichten vom 08. Januar 1999 im Anhang). Orchis ustulata treibt, wie schon erwähnt, bereits im Oktober zarte überwinternde Rosetten aus, die durch Begehung bei feuchtem oder frosthartem Untergrund leicht zerstört werden können. Entsprechend der ganzjährigen Belastung wurde aus dem ursprünglichen Halbtrockenrasen ein Trittrasen mit Englischen Weidelgras (Lolium perenne), Rot-Schwingel (Festuca rubra), dem Mittleren Wegerich (Plantago media), dem Großen Wegerich (Plantago major), dem Spitz-Wegerich (Plantago lanceolata) und dem Weiß-Klee (Trifolium repens) (vergl. NEZADAL & WELSS 1996).

Auch am Rodenstein trifft man auf eine kleine Population des Brand-Knabenkrautes. Acht Pflanzen wachsen auf einem nördlich exponierten Hangstreifen nur wenige Meter unterhalb des Gipfels in einem mesophilen Halbtrockenrasen (Mesobrometum erecti Subassoziation von Daucus carota sensu V. ROCHOW 51). Auf diese Pflanzengesellschaft wurde bereits bei Orchis mascula näher eingegangen.

Als lichtliebende Art findet Orchis ustulata auf den Dolomitkuppen der Ehrenbürg geeignete Standortbedingungen, zumal der gesamte Bereich einmal jährlich beweidet wird und dadurch eine wesentliche Voraussetzung für den Erhalt der Halbtrockenrasen geschaffen wurde. Denn nach PRESSER (1995) können knollenbildende Orchideen bei optimalen Standort- und Witterungsbedingungen durch Nährstoffüberschuß aufgrund des Verlustes von Blüten oder ausbleibender Bestäubung mehrere Knollen statt nur einer anlegen. So besteht die Wahrscheinlichkeit, daß eine verstärkte Tochterknollenbildung durch den Verbiß des Weideviehs hervorgerufen werden kann.

Den Hauptstandort darf man als relativ gesichert ansehen, da er wegen seiner Steilheit und der Abgeschiedenheit von den üblichen Wanderwegen relativ geringen Trittbelastungen ausgesetzt ist; trotzdem muß das Brand-Knabenkraut aufgrund der geringen Individuenzahl für den Bereich der Ehrenbürg in die Kategorie der gefährdeten Orchideen eingereiht werden.